Wie Swantje schon angekündigt hat, folgt hier ein kleiner Gastbeitrag von mir in ihrem Blog – in der Rückschau auf die Tage vom 23.7. ab Storlien bis zum 29.7. in Vera.
Schon Monate zuvor war ich voller gespannter Vorfreude, einige Tage in Swantjes NPL-Tour hineinschnuppern zu dürfen. Im schwedischen Storlien, 1,5 Stunden östlich auf Höhe Trondheim in etwa, gleich hinter der norwegischen Grenze, wollten wir uns am Ende von Swantjes schwedischem Kungsleden-Zwischenspiel treffen. Meine Neugier auf Swantjes Erfahrungen, die Vorfreude auf die neuen Aus- und Einblicke in ein ganz anderes Lebensgefühl und eine mir bisher völlig unbekannte Gegend und Landschaft stieg mit jedem Kilometer, den ich gen Norden reiste. Von Trondheim aus fährt ganz bequem ein Zug durch zunächst wunderbar sanfte Fjordlandschaft und weiter durch ein landschaftlich gut genutztes Flusstal nach Osten. In Storlien angekommen, lief ich die ersten vier Kilometer meiner Tour vom Bahnhof bis zum Storliens Fjällgård. Als erstes fielen mir die unglaublich vielfältigen Wildblumen am Straßengraben auf – viel mehr als Grün dominierten hier Violett, Gelb und Weiß. Aber jetzt wurde es wirklich spannend: Wie würde ich Swantje nach beinahe zwei Monaten auf Tour wohl vorfinden ;-)? Ich spazierte also in den Speisesaal vom Storliens Fjällgård, wo Swantje gerade (wie alle NPL-Wanderer am Ende einer großen Etappe, auf der es nur Tütenessen und Müsli gab), völlig problemlos ein dreigängiges Menü verputzte, voller Sonne im Gesicht und ungebremster Energie zum Weiterlaufen. Wir gönnten uns bei den heißen Temperaturen, die in den nächsten Tagen noch zu steigen versprachen, ein kaltes Getränk auf der Terrasse und studierten die Karte. Dann kapitulierten wir allerdings vor den Mücken und zogen uns ins Zimmer zurück.
Nach Swantjes Bericht von den Mückenmassen der letzten Tage versorgte ich mich am nächsten Morgen erstmal in der gut ausgestatteten Wanderbutikk des Fjällgårds mit einem unglaublich coolen Hut mit Mückenschutznetz. Darüber haben sich die Mücken so lauthals kaputtgelacht, dass sie seitdem nicht mehr gesehen waren. Glück für uns alle! Stattdessen durfte ich auf dem Weg zum örtlichen Supermarkt, wo hoffentlich nach einigen Irrungen und Wirrungen (das ist immer so eine kribbelige Sache mit der Post) Swantjes nächstes Versorgungspaket auf sie warten sollte, Bekanntschaft mit distanzlosen Bremsen, Möchtegern-Bienen und Beiß-Fliegen machen. Gott sei Dank war das Paket da! Den Vormittag verbrachten wir gemeinsam mit Stefan, dem norwegischen NPL-er, also bei COOP in Storlien mit Rucksackpacken und Essensaufnahme auf Vorrat. Am frühen Nachmittag ging es dann endlich richtig los – gleich frisch bergauf, den „Blomsterstien“ hinauf, der seinem Namen alle Ehre machte. Der erste kleine Gipfel meiner Tour hieß „Vindarnas templet“ – Tempel der Winde, der seinem Namen auch alle Ehre machte, doch selbst hier oben war es trotz eines leichten Lüftchens ziemlich heiß. In Richtung Tal lag noch auf schwedischer Seite der Grenze ein tiefblauer See mit zum Zelten einladender Landzunge: Ein wunderbarer Platz mit Bademöglichkeit und Fernblick. Nach dem Essen machte ich noch einen kleinen Abendausflug auf den Hügel, auf dem der schwedische Grenzstein stand. Mit Blick auf die 7 Zwerge, hinter den 7 Bergen, so fühlte es sich an. Die erste Nacht im Zelt war überraschend laut für einen ansonsten so stillen Ort – ein flotter Wind von Seeseite war aufgekommen und ich hatte nach den vielen Pfadfinder-Zeltübernachtungen der letzten Jahre völlig vergessen, wie laut so ein kleines Trekkingzelt sein kann, wenn der Wind daran rüttelt. Habe kurz überlegt, ob ich mir aus einer Babybel-Käse-Wachshülle vielleicht Ohrstöpsel basteln sollte …
Oh sorry, das wird hier ein bisschen zu ausführlich, Ihr wollt ja was von Swantjes Tour lesen, aber ich war einfach so fasziniert, wie schnell man in dieses Wanderleben eintaucht und die Zivilisation hinter sich lassen kann … Bei der Grenzüberschreitung nach Norwegen am nächsten Morgen trafen wir zuerst auf ein seelenruhiges Rentier (siehe Foto in Swantjes letztem Beitrag). Der Weg führte uns nun schnurstracks nördlich, immer genau an der Grenze aufgefädelt, stets in Sichtweite die gelb angemalten Steinhaufen der schwedischen Grenzmarkierung. Über der Baumgrenze und ohne Schatten wurde es schnell heißer und heißer, so um die 27 bis 28 Grad, da kam uns eine kleine Schlucht mit kühlem Fluss samt eingebauter Badewanne (siehe Foto bei Swantje) sehr gelegen für eine ausgedehnte Mittagspause. Spätestens jetzt hatte mich der Sog des Nordens völlig aufgenommen. Nach der Pause ging es abwärts zur wunderschön einsam gelegenen Angeltjønnhytta. Hier bleiben mir vor allem der sumpfige Weg dorthin, der Fernblick von der kleinen Terrasse über den abendlich stillen See und das viele ausgeblichene Treibholz in Erinnerung, von dem ich nur zu gern ein paar seltsam geformte Hölzer mitgenommen hätte – aber man will ja wirklich kein Gramm zu viel im Rucksack mit sich herumtragen … Wirklich gute Zeltplätze gab es rund um die Hütte nicht, da es einfach zu sumpfig war, also haben wir Stefan mit seinem Mini-Zelt den einzigen Platz überlassen und in der Hütte geschlafen.
Vorteil dieser langanhaltenden Hitze und Trockenheit: Die ausgedehnten Sumpfflächen waren prima halbwegs trockenen Fußes zu überqueren. Nicht auszudenken, wie das hier nach drei Tagen Regen ausgesehen hätte. Ich habe jetzt zum ersten Mal verstanden, warum viele Norweger in Gummistiefeln bis zum Knie wandern! Nachteil dieser Hitze: Die Bäche und Flussläufe führen überraschend wenig Wasser mit sich, so dass wir uns mit müde plätschernden, lauwarmen Rinnsalen begnügen mussten. Wir selbst tropften allerdings aus allen Poren … Über die Ferslia-Hütte, die wir als Zwischenstop und zur ausführlichen Nahrungsaufnahme nutzen, ging es am etwas kühleren Abend noch ein paar Kilometer zu einem etwas größeren Fluss. Baden und Abendessen auf den rundgeschliffenen großen Felsen mitten im Fluss im Abendsonnenschein – da braucht die Seele wenig mehr zum Glücklichsein! Nebenbei schossen originelle Wäschetrockenständer aus dem Boden – hoffentlich kam kein den richtigen Pfad suchender Wanderer derweil des Weges …
Auch der nächste Tag brachte viele heiße Kilometer übers Fjell mit sich, wir waren extra früh aufgestanden, aber bereits um halb acht war es kaum mehr auszuhalten. Pause machen ging nur im Schatten am Fluss, aber beides in Kombination war schwer zu finden. Die atemberaubende Aussicht nach Norden und aufs schwedische Grenzland, die Farben der Landschaft und des Himmels allerdings waren all diese Strapazen wert. Am Ende eines wirklich langen Wandertages hatte Stefan schon einen schattigen Zeltplatz an einem Fluss für uns ausgemacht. Nach den vielen Kilometern und der Hitze des vorherigen Tages beschlossen wir, uns am nächsten Tag in der nur 2 km entfernten Bellingstua ausführlich auszuruhen und mal wieder ordentlich was zu essen (die Aussicht auf Waffeln und Pfannkuchen in der nächsten Hütte kann eine ganz unglaubliche Antriebsquelle sein und verborgene Kräfte mobilisieren!). An Weitergehen war bei 29 Grad im Schatten nicht zu denken, also suchten wir den kühlsten Platz der Hütte und hielten die Füße in das müde dahinplätschernde Bächlein. Erst am Abend machten wir uns wieder für knappe zwei Stunden bzw. 5 bis 6 km auf den Weg durch eine sanft hügelige und immer noch sumpfige Landschaft in Richtung Vereshytta. Auf einer Schafweide mitten im Nirgendwo am See fanden wir wieder einen hervorragenden Übernachtungsplatz. Frühstückshighlight am nächsten Morgen: taufrische Moltebeeren im Müsli! Nun warteten noch 11 km bis zur nagelneuen Vereshytta auf uns. Heiß war es immer noch, aber es wehte ein leichter Wind und es ging stets sanft bergab über Bergwiesen mit Birken und Blumenteppichen. Stefan wartete schon am Ortsrand von Vera (10 Einwohner) auf uns in einer der privaten Hütten dort – er hatte bei zwei Norwegern, die dort das Wochenende verbrachten, Grillfleisch von gestern und Saft organisiert. Das war ein Fest! Nach dieser überaus gelungenen Pause, ging es für Swantje weiter ins Blåfjell – und ich nutzte schweren Herzens die Gelegenheit, mit den beiden Norwegern, bei denen Stefan seinen Hut vergessen hatte, 50 km nach Westen im Auto mit nach Verdal zu fahren. Gern wäre ich noch weiter mitgelaufen und hätte zu gern die Einödhöfe Gaundalen und Gjefsjøen kennengelernt.
Hier endet für mich nach sechs Tagen die Schnupperstunde in ein Leben voller Freiheitsgefühl und bleibender Eindrücke! Danke, dass ich dabei sein durfte, liebe Swantje! Ich kann Dich gut verstehen! Und bewundere wirklich Deine Energie und Dein Durchhaltevermögen!
God tur videre!



















Hei Swantje, hei Isabel,
so ein matvarelager ist nach einer langen Tagesetappe doch der Traum, oder?
Viel Spaß weiterhin!
LG
Hans-Jürgen
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