Heute morgen bin ich zum Sonnenaufgang aufgestanden, habe nach einem gemütlichen Becher Kaffee meinen Rucksack gepackt und bin losgelaufen. Allerdings nur zu einer kleinen morgendlichen Trainingsrunde um den See. Dennoch, als ich da draußen alleine durch die noch nassen Wiesen gegangen bin, während der letzte Nebel noch über dem Wasser hing und die Sonne nur langsam an Kraft gewann, wusste ich wieder ganz genau, warum es all den Planungsaufwand und all die vielen Stunden der Vorbereitung wert ist.
Manchmal habe ich momentan das Gefühl, dass die Zeit mir unter den Fingern zerrinnt. Als ich meinen ersten Beitrag geschrieben habe, waren es 130 Tage bis zum geplanten Start meines Norge på langs Abenteuers. Jetzt sind es plötzlich nur noch 50. Die Spannung steigt gefühlt täglich – wenn nicht sogar stündlich. Nach Monaten der Planung wird es langsam aber sicher konkret. Die Gedanken kreisen stetig um Ausrüstungs- und Essensfragen. Was habe ich schon, was brauche ich noch? Woran muss ich noch denken? Was darf ich auf keinen Fall vergessen? Mindestens einmal täglich gucke ich auf die Wetterbedingungen entlang meiner Route und warte sehnsüchtig darauf, dass die Temperaturen steigen und auch in Norwegen der Frühling einkehrt. Gerade am Anfang meiner Route liegen einige Gebiete, die bei später Schneeschmelze nur schwierig zu durchqueren sind. Das würde lange Umwege und zusätzliche Asphaltkilometer bedeuten, die ich sehr gerne vermeiden würde. Eine endgültige Entscheidung zum Routenverlauf werde ich aber wohl erst einige Tage vor dem Start fällen können.
Die meisten Menschen mit denen ich mich momentan über meine Tour unterhalte, stellen zwei Fragen: „Wie kommst du mit deinen Vorbereitungen voran?“ und „Bist du schon aufgeregt?“
Die Antwort auf erstere Frage ist leider nicht so ganz einfach. Grundsätzlich habe ich das Gefühl, noch unendlich viel zu tun zu haben. Es gibt tausend Dinge, die ich angefangen, aber noch nicht zu Ende gebracht habe. Lose Enden, die noch nicht verschnürt sind. Gleichzeitig bin ich mir sicher, dass das ganz normal ist und auch wenn es sich so anfühlt, als hätte sich die Zeit förmlich pulverisiert, habe ich in der Rückschau doch einiges geschafft. Einer der größten Posten auf der Liste war die Essenkalkulation. Da ich mich ungerne auf die wenigen Supermärkte an denen ich vorbeikomme verlassen möchte, werde ich mir fast mein gesamtes Essen zuschicken lassen. Das beinhaltet jedoch, sich vorher genau zu überlegen, was man benötigt. Und das für immerhin 4,5 Monate. Am Ende hatte ich eine Einkaufliste, die unter anderem nicht weniger als 6kg Nüsse, 15kg Müsli, 120 Tüten Trekkingnahrung und 180 Müsliriegel umfasst. Nicht zu vergessen die immerhin 6kg Schokolade. Das Essen werde ich zusammen mit dem ein oder anderen Paar neuer Socken, einigen Ausrüstungsgegenständen, Gas und Wanderkarten auf insgesamt 12 Pakete verteilen. Den Großteil davon werde ich vor meinem Start ins Sirdal zu Jan und Almut bringen, die sich dankenswerter Weise bereit erklärt haben, meine Versorgungspakete nach und nach auf die Reise zu schicken. So bleibe ich bei etwaigen Kursänderungen flexibel. Die möglichen Empfangsadressen habe ich ebenfalls in den vergangenen Wochen recherchiert: Meist sind es Unterkünfte und Zeltplätze entlang meiner Route. Ich habe sie angeschrieben und erfragt, ob sie meine Pakete in Empfang nehmen würden. Alle waren ohne Ausnahme dazu bereit.
Eine Sache, die ich im Vorfeld unterschätzt habe, war, wieviel Zeit man bei der Planung einer solch großen Tour am Computer verbringt. Das fällt besonders jetzt auf, wo es wärmer wird und ich üblicherweise meine Feierabende und Wochenende draußen im Garten, am Strand oder auf dem Wasser verbringen würde. Aktuell sitze ich hingegen viel drinnen, recherchiere Supermärkte und Unterkünfte, bestelle Essen oder schreibe Emails. Da ist es schon eine willkommene Ausnahme, wenn man draußen das Zelt aufbaut, um ein letztes Mal die Nähte zu überprüfen.
Bis es aber tatsächlich in wenigen Wochen losgeht, gibt es dennoch noch einiges zu tun. Noch warte ich auf die letzten Karten, aber wenn sie da sind, werde ich mir die Zeit nehmen, meine Route noch mal auf dem Papier zu überprüfen. Dann geht es daran die letzten Lebensmittel zu besorgen und die Pakete zu packen. Ich muss noch einmal für eine letzte Kontrolle zum Arzt. Die Fähre für die Anreise muss noch gebucht werden und bei der Arbeit startet jetzt die Einarbeitungsphase meiner Vertretung. Langweilig wird mir sicherlich erstmal nicht.
Die Frage nach der Aufregung ist hingegen leicht beantwortet: Ja, auf jeden Fall. Alles andere wäre wohl auch sehr verwunderlich. Nicht selten wache ich nachts auf und stelle mir vor, wie es sein wird. Wie es sich anfühlen wird, wenn ich dann tatsächlich losgelaufen bin. Wenn ich nicht mehr zuhause in meinem Bett, sondern irgendwo im nordischen Fjell in meinem Zelt liege. Höre wie der Wind die Plane zum Flattern bringt. Welche Gedanken werden mir durch den Kopf gehen, wenn ich Tag für Tag alleine durch die weite Landschaft laufe? Was wird mir fehlen und was nicht? Natürlich schleichen sich in solchen Stunden auch mal Bedenken in meine Gedanken: Wird das Knie durchhalten? Werde ich wirklich so lange mit der Einsamkeit umgehen können?
Gleichzeitig bin ich hinter der ganzen Aufregung erstaunlich ruhig: Wenn ich erst einmal losgelaufen bin, werden die Dinge sich schon finden. Ich bin gut vorbereitet und habe die nötige Erfahrung, um mit schwierigen Situationen umgehen zu können. Und vor allem habe ich keinen Druck. Ich laufe solange es mir gefällt, mache Pausen, wenn ich sie brauche und im Laufe der Zeit wird sich zeigen, ob ich am Ende tatsächlich bis zum Nordkap gehe oder doch woanders hin. Mir geht es darum unterwegs zu sein und das Draußensein zu genießen. Alles andere hängt von Faktoren ab, die ich weder planen noch im Vorfeld absehen kann. Und darum stürze ich mich jetzt erst einmal mit großer Vorfreude in die weitere Vorbereitung und den Start meines Abenteuers. Eine Erfahrung wird es in jedem Fall.
Liebe Swantje
Gratuliere zünden eindrücklichen Berichten. Wie viele andere die ich kenne (Thomas Suchy, Vanja Jovanic) hast auch du den grossen Teil deiner Esswaren in Deutschland gekauft, nimmst die Ware hoch und versendest diese. Ich hatte vor 2 Jahren vier Pakete (Royrvik, Umbukta, Sulitjelma/Daja camping und Innsett/Klauer) wovon eines gar nicht nötig gewesen wäre. Im Süden, das heisst bis Meraker hatte ich mich binden Hütten verpflegt und lokale Supermärkte berücksichtig. Der Vorteil lag darin dass dadurch der Rucksack massiv leichter war.. dadurch war ich auch flexibel in der Routenwahl und musste keine Rücksicht auf Depotorte nehmen. Diesen Nachteil haben mir die beiden bestätigt. Klar ist das auch immer eine Frage des vorhandenen Budgets für den Trip und ich denke um alles zu ändern ist es eh zu spät. Ich musste bei 180 Fertiggerichten schmunzeln..,mehr als eines pro Tag.., ich hoffe nur dass du da durchhältst.
Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg!
Liebe Grüsse
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Hej Hansjörg, jaja, ich habe auch immer wieder und viel darüber nachgedacht, mich aber schlussendlich für Pakete entschieden. Es sind auch deswegen so viel, damit der Rucksack immer möglichst leicht bleibt. Und es sind übrigens 180 Riegel und rund 120 Tüten Trekkingnahrung. Ich bin ja nicht verrückt und werde jede Möglichkeit nutzen was anderes zu essen;-). Viele Grüsse in den Süden!
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Meine Liebe – du sprichst mir aus der Seele! Besser könnte ich es auch nicht ausdrücken, was gerade in mir los ist. Ich freue mich auf den Tag an dem wir uns – hoffentlich irgendwo im Fjell – wieder treffen und vielleicht ein paar Meter zusammen gehen.
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Hallo Swantje,
beim Lesen deines Beitrages kommen all die Gefühle und Emotionen wieder hoch, die wir um diese Zeit im letzten Jahr durchlebt haben – vielen Dank für diese Auffrischung 🙂
Ich drücke dir die Daumen, dass alles aufgehen wird, wie du es dir vorstellst und freue mich sehr darauf, dir während deiner Tour hier über deinen Blog folgen zu können.
Ich drücke dir die Daumen, dass der Frühling mitspielt und du deine Wunschroute laufen kannst!
Falls du unterwegs in irgendeiner Form Unterstützung benötigst, kannst du dich gerne jederzeit melden!
Hast du eine Karte, auf der man deine geplante Route sehen kann?
Grüße,
Tobias
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Hallo Swantje,
es liegt eine spannende und Zeit vor Dir, ich hoffe du lässt uns alle teilhaben😀
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Liebe Swantje☺️
Es fühlt sich so an als wäre man live dabei , du beschreibst alles total intensiv und schön.
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